Wortvielfalt 1-20

[green_box] Die hier im folgenden aufgeführten Gedichte wurden alle von der lieben Ingun Spiecker-Verscharen verfasst. Hintersinnig, mit Gefühl, originell, flott und pointiert. Oder einfach…genial. Danke Ingun! [/green_box]

[1] Geburt

Geburt_1

Ein Menschlein ist zur Welt gekommen,

legt zartes Leben an den Tag,

und jedem bleibt es unbenommen,

ob er an Wunder glauben mag.

 

Beim Schrei des Babys beben Wände,

bis erster Eigensinn verhallt.

Wir sehen winzig kleine Hände

zu Fäusten allerliebst geballt.

 

Ein Mündchen scheint nach Milch zu gieren.

Der Start ins Dasein hat geklappt!

Hier wurde Gott (ich muß zitieren)

erneut ‚auf frischer Tat ertappt’*…

 

Ingun Spiecker-Verscharen,  März 2010

(*entliehen bei Pfarrer i.R. Burkhard Müller, Bonn)

[2] Vaterstolz

Vaterstolz

Es steigert sehr die Lebenslust,

wenn Elternliebe reift,

weil frischer Nachwuchs zielbewußt

nach einem Finger greift.

 

Da spürt man unverhüllte Kraft

in allem, was geschieht,

und sinnerfüllte Vaterschaft,

die Papa ähnlich sieht…

[3] Optimal betreut

OptimalBetreut

Ich werde optimal betreut

und mache kaum Krawall,

was meine Eltern mächtig freut.

Sogar im Krisenfall

erlebt man mich nie eingeschnappt,

denn darin liegt der Clou:

Wenn irgend etwas nicht so klappt,

drück ich ein Auge zu…

[4] Morgenwind

Morgenwind_1

Der Kreislauf kommt enorm in Gang,

so wurde jüngst entdeckt,

wenn sich ein Mensch minutenlang

im Bett genüßlich reckt.

 

Die letzte Müdigkeit zerstiebt

beim ersten Morgenwind,

und manchmal ist man auch beliebt

als aufgewecktes Kind…

[5] Pianistenfinger

Pianistenfinger_1

Ich habe Pianistenfinger

und übe schon Etüden ein,

denn mein Talent ist kaum geringer

als das von Arthur Rubinstein.

 

Auch dem geschulten Blick erscheinen

die kleinen Hände so alert,

daß hochbeglückte Eltern meinen,

ich gäbe ein Klavierkonzert…

[6] Privatsphäre

Privatsphaere_1

Ich bin, den Eltern zur Erbauung,

das Zentrum ihrer Weltanschauung,

und Bilder, die sie von mir machten,

kann man im Internet betrachten.

 

Das Objektiv ist stets zur Stelle

und rückt mir mächtig auf die Pelle,

so daß ich denke: Himmlisch wäre

ein bißchen mehr private Sphäre…

[7] Kuschelkumpel

Kuschelkumpel

Ich fühle mich wie neugeboren!

Wer mich erblickt, hat unbedingt

sogleich sein Herz an mich verloren,

das mir beherzt entgegenspringt.

 

Mir fliegen quasi ohne Frage

die Sympathien stetig zu!

So bin ich selbst in Rückenlage

mit großen Tieren schon per du…

[8] Oma Hebamme

OmaHebamme_1

Wie Oma mir zu Füßen liegt!

Sie hat nach Gottes Willen

fünf tolle Kinder selbst gekriegt

und konnte bestens stillen.

 

Ein wenig Ähnlichkeit besteht,

weil ich auch ihr entstamme.

Sobald bei Mama nichts mehr geht,

erheb ich sie zur Amme…

 

Mai 2010

[9] Badetuch

Badetuch_1

Jedesmal nach dem Besuch

in der Badewanne,

eingehüllt ins Frotteetuch,

wenn ich mich entspanne,

 

schwant mir: Es ist lange hin,

bis auch Professoren

finden, daß ich trocken bin

hinter beiden Ohren…

[10] Blumen

Blumen_1

Das Leben läßt sich bestens an,

wenn ich es recht bedenke,

denn was ein Kind gebrauchen kann,

sind Grüße und Geschenke.

 

Dies gebe ich persönlich kund

mit großem Stimmvolumen

und sage Euch aus gutem Grund

auch danke für die Blumen!

[11] Oma Brötchen

OmaBroetchen_1

Oma ist von früh bis spät

sozusagen auf Diät,

was als Resultat ergibt

daß sie häufig Kohldampf schiebt.

 

Mir ist mein Gewicht egal,

und ich nasche gerne mal

frische Brötchen, denn im Nu

nimmt die Lebensfreude zu…

 [12] Sti(e)lblüte

Stielblueten_1

Stets dem Publikum verpflichtet,

wird ein Kind mit Leidenschaft

mehrmals täglich abgelichtet,

doch nicht immer vorteilhaft.

 

Wie das Händchen in durchdachter

Pose diese Blume hält,

führt dazu, daß der Betrachter

kurzerhand vom Stengel fällt…

 [13] Tragetuch

Tragetuch_1

Kinder vor den Bauch zu binden

kommt erneut in Mode,

fördert sehr das Wohlbefinden

als Transportmethode,

 

ist auch lieblich anzuschauen

und nie fehlgeschlagen,

denn so läßt sich Urvertrauen

hautnah übertragen…

[14] Gesichter

Gesichter_1

Meist bin ich bestens aufgelegt,

doch wenn sich einmal Unmut regt,

so schneide ich Gesichter,

 

was gleichermaßen eindrucksvoll

und inspirierend wirken soll

auf selbsternannte Dichter…

[15] Gedanken

Gedanken_1

Ein kleines Kind hat keine Lust,

sich ohne Grund zu zanken,

verfolgt indessen unbewußt

schon mancherlei Gedanken.

 

Wahrscheinlich könnte es uns auch

sogleich die Meinung geigen,

macht vorerst allerdings Gebrauch

von seinem Recht zu schweigen…

[16] Mundgerecht

Mundgerecht_1

Ein Mädchen, wasserdicht verpackt

und ungeheuer gründlich,

vollzieht den Kuscheltier-Kontakt

im wahrsten Sinne mündlich,

lutscht mit enormem Lustgewinn

an dessen langer Nase.

Experten sprechen daraufhin

gern von oraler Phase…

[17] UnentBÄRlich

Unentbehrlich_1

Was die Mitbewohner leisten,

fragt sich unsereins am meisten,

denn für mich ist Ehrensache,

daß ich keine Arbeit mache.

 

Können sie mit mir nicht spielen

und empfinden ihre vielen

Haushaltspflichten als beschwerlich,

ist mein Teddy unentbehrlich…

[18] Schwerkraft

Schwerkraft_1

Mein kluges Köpfchen war bis jetzt

noch ziemlich erdverbunden,

doch habe ich zu guter Letzt

die Schwerkraft überwunden,

 

den Oberkörper hochgestreckt

und muß mich selber loben,

denn so erscheint der Intellekt

schon etwas abgehoben…

[19] Spachtelmasse

Spachtelmasse_1

Ein Kind nimmt artig einen Happs

für Oma, Opa, Mama, Paps,

verspachtelt ohne Kommentar

auch Onkel- oder Tantenschar,

schiebt Urgroßeltern hinterher,

kriegt irgendwann den Teller leer

und ahnt allmählich wohl, wie satt

man Anverwandte oftmals hat…

[20] Stimmlage

Stimmlage_1

Alles spricht von früh bis spät

schon für Musikalität,

wenn ein Baby jedermann

stimmlich unterscheiden kann.

 

Es erkennt bereits spontan

seine Mama am Sopran,

doch singt Papa frohgelaunt,

ist es immer baß erstaunt…

[dark_box]Hier geht es weiter mit den Gedichten 21-40…[/dark_box]